Etappe 17 – Der Weg der Winde. (Neu überarbeitet)
06.06.2014 – 26 Kilometer von Cerrion de los Condes bis nach Terradillos de los Templarios. Sonnenschein und ein kühler, mitunter heftig wehender Wind, sind heute meine Begleiter.
Ich bin noch im Badezimmer, als Gina und Chris die Albergue verlassen. Sie schicken ihre Rucksäcke mit dem Taxi nach Ledigos, unser geplantes Ziel für heute. Sherri und Kristi sind noch beim Packen, ich sehe es durch die offenstehende Tür. Steve ist auch schon losgegangen. Gemeinsam mit Kristi und Sherri verlasse ich gegen 8:00 Uhr und nach einem ausgedehnten Frühstück, Carrion de los Condes. Es ist sonnig, aber ein kühler Wind begleitet uns. Immer wieder wirbelt er den Staub der unbefestigten breiten Straße hoch. Wie schon gestern, verschwindet der Camino zu einem Keil geformt am Horizont. Noch länger und noch gerader erscheint er. Erst nach 20 Kilometer erreiche ich das erste Dorf, am heutigen Tage.
Ich hatte mich gleich zu Beginn von meinen zwei Begleiterinnen gelöst und war viele Kilometer mit mir alleine. Ab und an war ein Pilger zu überholen, ausgemacht bereits viele hundert Meter zuvor, als kleine Punkte in der sich verengenden Straße. Diese führt nun links um die leicht abzählbaren Häuser herum. Ein gelber Pfeil weist mich jedoch in deren Mitte, um mich nach sechs Gebäudefronten, zu beiden Seiten, mittels neuerlichen Pfeiles, zurück an die in einem Bogen darum geführte Straße zu bringen. Dort warten Gina und Chris auf mich. Es ist Mittag und ein zur Hälfte geteiltes Baguette mit Schinken und Käse, lässt sie kräftig zulangen. Die Terrasse der Bar ist nach Süden gerichtet und die von Westen kommenden Windböen verfangen sich an den Ecken der Häuser. Ein Umstand der es uns erlaubt etwas länger zu verweilen. Kristi und Sherri sind auch schon angekommen und mit ihnen Josef, ein 44-jähriger Spanier. Er bestreitet den Camino mit dem Fahrrad. Ein netter Kerl, auch wenn ich anfangs das Gefühl hatte, einem Wegelagerer aus vergangenen Jahrhunderten begegnet zu sein. Er lädt uns zu einem Cortado ein. Ein schnell durchgepresster Kaffee mit ein wenig Milchschaum. Kaffee mit Milch trinken die Spanier nur am Morgen, erklärt er uns, ab Mittag ohne Milch oder eben nur einem winzigen Schuss, wie beim Cortado.
Josef begleitet Sherri, Kristi und mich noch ein Stück. Chris und Gina sind voraus gelaufen und erwarten uns auf einer Bank sitzend, im kleinen Dorf Ledigos. Die Rucksäcke haben sie jetzt wieder bei sich. Gina sagt, dass es ihr hier gar nicht gefällt. Bis Terradillos sind es noch ungefähr eine halbe Stunde, es ist kurz vor 15:00 Uhr. Wir haben Bedenken dort noch Betten zu bekommen. Schließlich laufe ich voraus und es gelingt mir tatsächlich noch die letzten fünf Betten zu ergattern. Die Albergue heißt Los Templarios und ist im Stil einer Hazienda errichtet. Eine große Anlage mit eigenem Speisesaal, Aufenthaltsraum, einer Bar und einem Massagebereich für die geschundenen Füße. Alles sehr sauber und gepflegt. Das Abendessen entpuppt sich als Gradmesser für Feinschmecker. Als Vorspeise reicht man mir Spaghetti mit Knoblauch und Chili, geschwenkt in Olivenöl. Mein Hauptgang besteht aus gegrilltem Lachs und Salzkartoffeln und als Dessert erhalte ich mein schon liebgewordenes Vanilleeis mit geraspelter Schokolade. Natürlich wieder wählbar aus mehreren Gerichten und dazu gibt es Brot, Wasser und Rotwein. Alles für 9,50 Euro. Es wäre auch ein gelungener Abend für verwöhnte Touristengaumen geworden. Einen Wermutstropfen hat der Abend aber doch, das Fehlen von Steve.
Erkenntnis des Tages: Die Qualität des Essens, richtet sich nicht nach dem Preis.
Tag 18: Calzadilla de los Hermanillos