Etappe 18 – Der Weg der Vorzeichen. (Neu überarbeitet)
07.06.2014 – 26 Kilometer von Terradillos de los Templarios bis nach Calzadilla de los Hermanillos. Der Tag beginnt mit Regen und endet mit Sonnenschein, entgegen meines Empfindens.
Um 8:00 verlasse ich gemeinsam mit Kristi Los Templarios, als letzte unserer Familie. Es regnet, anfangs nur leicht, doch wir sind bald gezwungen die Regenjacken überzuziehen. So geht es bis Sahagun, eine Kleinstadt mit 2700 Einwohnern. Eine alte Stadt, die bis ins 3. Jahrhundert unserer Zeitrechnung zurückreicht. Mauerreste eines Klosters aus dem 9. Jahrhundert, zeugen ebenfalls von einer langen und bewegten Vergangenheit, sowie zwei instandgehaltene Kirchen und die Klosterkirche der „Jungfrau als Pilgerin“, entstanden nach der Jahrtausendwende. Auf der mittelalterlichen Brücke über den Rio Cea verlassen wir Sahagun. Wir treffen dabei eine Gruppe Südkoreaner, mittlerweile auch schon alte Bekannte auf dem Camino.
Allmählich gewinnt die Sonne die Vorherrschaft am Himmel über uns, die Wolken beginnen sich aufzulösen und wir nutzen den Ort Calzada für einen Zwischenstopp. Dazu müssen wir den Camino verlassen. Etwas verweist scheint das kleine Dorf. Es ist Mittag und kein Mensch ist zu sehen und dann plötzlich, steht Steve vor uns, als hätten wir uns hier verabredet. Kristi fällt ihm um den Hals und ich klopfe ihm auf die Schulter. Er macht uns klar, dass sich unsere gemeinsamen Wege trennen werden. Zu unterschiedlich sind unsere, von zuhause aus vorgesteckten Ziele der Ankunft in Santiago de Compostela. Auch mein Abschied rückt näher. Spätestens in Leon wird es soweit sein, in zwei Tagen. Und ich finde Steve konnte keinen besseren Ort für sein Vorhaben wählen. Einsam und etwas benommen sitze ich mit Kristi in einem Gastgarten einer Bar, die eben erst geöffnet hat. Die Stühle waren noch nass vom Regen und wir haben sie trockengewischt. Beinahe wortlos verschlingen wir unser Mittagsmahl.
Gleich nachdem wir Calzada del Coto verlassen haben und zurück auf den Camino getreten sind, treffen wir Gina und Chris. Sie haben in Sahagun Mittag gehalten, von uns beiden unbemerkt, auch von Steve. Wir berichten was geschehen ist und wir können es nicht verhindern, dass uns Lethargie begleitet, bis nach Calzadilla de los Hermanillos, wo bereits reservierte Betten auf uns warten. Die Albergue verlassen wir heute nicht mehr. Abendessen gibt es im Haus und wir treffen auf bekannte Gesichter. Ich mache dann noch nähere Bekanntschaft mit Tiffany, einer Ärztin aus Kanada. Sie arbeitet aber schon seit mehreren Jahren in einem Krankenhaus auf den Bermudas. Sie ist Anfang vierzig und ebenfalls alleine auf dem Camino. Besser ausgedrückt, ohne Begleitung auf den Weg gegangen, denn alleine ist hier niemand.
Erkenntnis des Tages: Trennungen verlieren sich im Geist der Beteiligten.
Tag 19: Mansilla de las Mulas