Etappe 5 – Der Weg der Erkenntnis. (Neu überarbeitet)

25.05.2014 – 25 Kilometer von Puente la Reina bis nach Estella. Der Weg ist schlammig, kalt und voller Überraschungen.

Die Wetterbesserung gestern war nur ein Strohfeuer, erneut begrüßt mich der Tag mit Regen. Puente la Reina heißt übersetzt „Die Brücke der Königin“. Dona Mayor, eine navarresische Königin, soll Anfang des 11. Jahrhunderts, diese Brücke den Pilgern gestiftet haben. Ich bin heute in Begleitung meiner neuen Freunde. Wolfgang fehlt aber und daher wird jetzt nur noch Englisch gesprochen. Es sind viele Amerikaner auf dem Camino, dazu zähle ich auch Kanada. Überraschend ist, dass ich sehr vielen Südkoreanern begegne, sicherlich die zweitstärkste Nation auf dem Camino Frances. Österreich wird anscheinend nur durch mich vertreten. Es sind eine Menge Hügel zu überwinden und es ist nicht einfach bei diesen Wetterbedingungen. Sehr wechselhaft, mal regnerisch und kalt, dann wieder leichter Sonnenschein und warm. Dazwischen zwingt uns der Weg durch knöcheltiefen Morast. Es ist nicht möglich dem auszuweichen. Meine Entscheidung, die Jacke einzupacken, stellt sich immer mehr als richtiger Schachzug heraus. Auch wenn ich anfangs noch vorhatte sie nach der Überquerung der Pyrenäen zu verschenken, so wird sie nun immer mehr ein Teil von mir. Das langsamere Tempo meiner Begleiter, dem ich mich anschließe, bekommt meinem Knie gut, ebenso die vielen Pausen, an denen wir uns wieder sammeln, nachdem uns die Topografie des Camino auseinandergezogen hat. Das Bild der Ortschaften auf dem Weg beginnt sich zu gleichen. In der Mitte befindet sich die Kirche, dann fallen die Häuser, abgestuft in der Höhe, nach außen hin ab. Nicht selten stehen sie auf ausgedehnten Hügeln.

Um 16:00 Uhr erreichen wir gemeinsam Estella. Es ist schon spät, wir haben gebummelt, auf der heutigen Etappe, kommen aber dennoch zusammen in einer Albergue unter. Mit dem Schreiben wird nicht mehr viel, ich muss noch den angetrockneten Schlamm von meinen Schuhen und meiner Jeans waschen. Es hat wieder heftig zu regnen begonnen und wir haben uns für 18:00 Uhr auf ein Abendessen im gegenüberliegenden Restaurant verabredet. Am Zugang zur Stadt habe ich wieder die beiden Pilger zu Pferd gesehen. In Roncesvalles hatte ich noch darüber gelacht, als es anzukreuzen galt wie man den Camino bestreitet. Zu Fuß, per Fahrrad oder auf dem Pferd. Ich hatte die Aktualität der Formulare in Frage gestellt und darüber gelacht. Nun zeigt sich mir die Wahrheit und die ist alles andere als Lächerlich. So auch das Ereignis am Nachmittag in der Unterkunft. Steve ist vom Bettgestänge abgerutscht, als er sich nach unten handeln wollte und hat sich dabei den Unterarm tief aufgerissen. Das But schoss nur so heraus. Wir haben ihn sofort zum Arzt gebracht. Er musste mit ein paar Stichen genäht werden und ein dicker Verband ziert nun seinen Unterarm, wo wir beim Essen sitzen und das Bier fließt etwas schneller in seinen Rachen. Es gibt hier kein Pilgermenu, wir essen Spezialitäten von der Karte, die uns empfohlen werden, nicht ganz so preiswert, aber keinesfalls teuer. Ein kleines Bier mit 0,3 Liter Inhalt, kostet zum Beispiel 1,30 Euro. Ich trinke noch einige Gläser mit Steve an der Theke, nachdem sich unsere Freunde bereits in die Unterkunft verabschiedet haben und habe dann Mühe ihn noch vor 22:00 Uhr, zurück in die Albergue zu bringen, bevor das Tor geschlossen wird. Steve ist wirklich ein feiner Kerl und mein Englisch wird zusehends besser, auch wenn es mir sein australischer Slang, nicht gerade einfach macht. Der Frühling ist in Brisbane die schönste Jahreszeit, ähnlich wie hier, nur nicht so nass, hat er mir erklärt. Ich habe ihm aber versichert, dass es untypisch ist, dieser viele Regen in Spanien. Ein eigenartiges Gefühl befällt mich, in etwa so, als ob ich angekommen wäre.
 

Die Erkenntnis des Tages: Die Last Österreichs liegt auf meinen Schultern.

Tag 6: Los Arcos

Die nachfolgenden Bilder sind in der Reihenfolge der Aufnahme gelistet, also dem Wege von Puente la Reina bis nach Estella.

 


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